Zur Ausstellung "Alles Prophetinnen!"
(Text aus dem Ausstellungsfolder)

KünstlerInnen werden oft „seismografische Fähigkeiten“ zugeschrieben, sie selber sehen sich auch so: Sie machen eine andere Welt s i c h t b a r. Welche? Eine bessere, eine schreckliche, eine globale, unfassbare?
Zu sehen sind viele Versuche, sich ein Bild von der Zukunft zu machen. Wobei es dringend erforderlich wäre, die Sehnsüchte in eine Form zu kleiden. Wir leben ja in den Projektionen der einstigen Utopisten. Auch Albträume wurden Wirklichkeit.

Vorbilder gibt es genug: alle kennen KASSANDRA, aber wer kennt die Prophetin HULDA? Und den Text im 2. Buch Mose: „Da nahm MYRIAM, die Prophetin, eine Pauke in die Hand, und alle Frauen folgten ihr nach mit Pauken und mit Reigen“. Dem schönen Reigen folgte Ausgrenzung: Myriam bekam Aussatz „weiß wie Schnee“. Selbsternannte Prophetinnen wurden bekämpft. Das führt gradlinig zu den heutigen Erscheinungen.
Frauen können sich eine gerechtere Welt vorstellen. Letztlich ist das Thema das Ur-Thema des Frauenmuseums, Utopia oder Visionen. Wie sieht mit der Verteilung der Güter und Lebenschancen aus, wenn Frauen wirklich ihren Spezial-Maßstab anlegen?? Marianne Pitzen

Konzeption: Marianne Pitzen
Assistenz und Gestaltung: Ewa Knitter
Katalog: erscheint Ende Februar

Die Ausstellung ist vom 22.01. bis 07.05.06 im Frauenmuseum, Im Krausfeld 10, Bonn zu besichtigen. Nähere Infos unter: www.frauenmuseum.de


"Alles Prophetinnen!"
(Projekt für die Ausstellung)

Unsere kulturpolitischen und soziokulturellen Projekte sind ein Angebot an die Gesellschaft. Wir nehmen dabei eine kritische Haltung ein und geben, ohne ins Missionarische oder in die Belehrung abzusinken, positive Impulse.

Im frauenmuseum Bonn stellen wir unseren Reisealtar vor. Er markiert unsere gesellschaftliche Stellung als Künstlerinnen.


Mit "Gedenke ..." wurde die Ausstellung eröffnet. Dabei konfrontierten wir die BesucherInnen, wenn sie sich ein Getränk holen, mit einer Frage zu ihrem kulturellen Konsumverhalten. Nachdem die Wartenden die Frage beantwortet hatten, bekamen sie ihr Glas überreicht und wurden mit ihren Gedanken allein gelassen. Diese Konfrontation katapultiert die VernissagebesucherInnen aus ihrer Erwartungshaltung und ließ sie spüren, dass sie massgeblich am kulturellen Angebot beteiligt sind.

In der Gesprächsrunde "Lasset uns reden ..." am 07.05. um 16:00 Uhr thematisieren wir:

Die Zukunft der Kunst in einer konkreten Wirklichkeit

Als Gesprächsteilnehmerinnen haben wir folgende Gäste aus Bonn eingeladen: Dr. Béatrice Roschanzamir (Galerie im Frauenmuseum), Martha Maria Giménez-Thömmes (Galeria Galeano), Angelika Lemb (Künstlerin) und Theresa Krause (Künstlerin).

Das Berufsbild der KünstlerIn ist im Wandel. Neben der Präsentation von Kunst im musealen Raum findet künstlerische Arbeit an unterschiedlichen gesellschaftlichen Orten statt. KünstlerInnen entwickeln immer wieder neue Strategien, die auf soziale und politische Entwicklungen reagieren und übernehmen damit Verantwortung, beziehen Stellung und versuchen in den gesellschaftlichen Wandlungsprozess einzugreifen. Die künstlerische Tätigkeit hat sich zur Initiierung von sozialen Prozessen und Interaktionen ausgeweitet. Es wird auf Orte und Situationen reagiert, Bedingungen und historischen Fakten werden Recherchiert und in Bezug zu sich selbst gestellt. Diese Arbeitsweise setzt auf Dialog und Verknüpfung von Autor, Werk, Ort und BetrachterIn. Prozesse werden in Gang gesetzt, bei denen nicht in erster Linie ein sichtbares Produkt entsteht, sondern es werden Impulse gegeben, die die Wahrnehmung der Beteiligten verändern.

Als Prophetinnen sehen wir die Zukunft der Kunst in einer konkreten Wirklichkeit - sprich in der prozesshaften künstlerischen Arbeit. Der Titel der Gesprächsrunde bezieht sich auf einen Gästebucheintrag unseres letzten Projektes in Berlin (Vollständiges Zitat: "Dieses Projekt kann anregen zu einer kiezeigenen Sozialkommunikation, zu einem Nachdenken über den Platz von Kunst in einer konkreten Wirklichkeit").