Peter Braun, Ursula Sowa, Gerhard Schlötzer, Dr. Dieter Rossmeissl, Monika Bieber, Dr. Annegret Winter

 

- P R E S S E -

Die Herztöne einer Kulturstadt
Kulturpolitische Diskussion in der Stadtgalerie Villa Dessauer
Fränkischer Tag vom 23.11.05
von Jürgen Gräser

BAMBERG. Bereits zum zweiten Mal hatten die Bamberger Künstlerinnen Judith Siedersberger und Rosa Brunner in die Stadtgalerie Villa Dessauer zu einer kulturpolitischen Gesprächsrunde eingeladen. Bei der Erstauflage von „Let’s talk about culture in progress“ 2003 war noch Bürgermeister Werner Hipelius zugegen, der sich heuer aber ebenso wenig wie ein Vertreter des Kulturamtes der Diskussion stellen wollte.
Wieder dabei war Ursula Sowa (Bündnis 90/Die Grünen). Nach dem Stellenwert der Bamberger Kultur befragt, sprach ihr die OB-Kandidatin eine „sehr große Rolle“ zu. Wichtig schien ihr die Vermittlung von Kunst, wie sie etwa vom Van-Gogh-Museum in Amsterdam i geleistet werde. Es gelte, die Leute für Bamberg-spezifische Kunstwerke zu begeistern. Auch müsse eine Verbindung von Wirtschaft und Kunst geschaffen und das Mäzenatentum gepflegt werden. In den ersten 100 Tagen nach ihrer (möglichen) Wahl zur Oberbürgermeisterin möchte Sowa die Pfeiler eines Kulturentwicklungsplanes aufstellen.

Andreas Starke, den verhinderten OB-Kandidaten der SPD, vertrat Monika Bieber, Sprecherin der SPD-Fraktion im Senat für Bildung, Kultur und Sport. Ihr fehlt es an regelmäßigem Austausch zwischen Künstlern, Parteien und Senat. Zudem machte sie sich für einen Kulturspeicher stark, der gerade noch jungen Leuten Räumlichkeiten für Ausstellungen oder Proben biete. Sie brachte den Lokschuppen an der Gundelsheimer Straße auf den Tisch, Sowa erinnerte an das ERBA-Gelände.

Der Bamberger Autor Peter Braun nannte es einen Irrsinn, wenn die Stadt Millionen Euro, die sie nicht habe, in ein neues Hallenbad stecke. Falls ein solches gebaut werde, habe man ein altes, leer stehendes Bad, das zur Kunsthalle umgestaltet werden könnte. Braun wollte Bamberg mit seinen gut 100 (klein)künstlerischen Initiativen nicht kleinreden. Das sei „irrsinnig viel Potential“, das gebündelt werden müsse. „Wir haben die letzen zehn bis fünfzehn Jahre keine Kulturpolitik gemacht“, bedauerte er und plädierte im Übrigen für die Eigenverantwortung der Künstler.

Einen Teil des Projektes „Kunst im öffentlichen Raum“ stellt derzeit der Photograph Gerhard Schlötzer im Foyer des Rathauses aus. Nachdem es zunächst seitens der Direktorin der Städtischen Museen und des Stadtarchivleiters geheißen hatte, man würde die Sache gern machen, es fehle aber an Geld, habe sich ihrer das Kulturamt angenommen. Gerhard Schlötzer regte einen runden Tisch für Kulturinteressierte an und die Gründung eines Trägervereins für Projekte, die „hier vor Ort gemacht werden“.

Was zeitgenössische Kunst anbelangt, werde Bamberg von außen „eher wenig“ wahrgenommen, meinte Dr. Annegret Winter (Kunstbüro Winter, Nürnberg). Sie verwies immerhin auf die Galerie Kunst im Gang und das Künstlerhaus Villa Concordia. Kunst, Kultur und Bildung betrachtete sie als Bindeglied der Gesellschaft, wodurch eine Identifikationsebene geschaffen werden könne. Für die Stadt Bamberg könne sie sich Patenschaften zwischen Künstlern und Menschen aus der Wirtschaft vorstellen.
„Wie bekommt man ohne Geld und mit guten Ideen ein Projekt zusammen“, fragte Dr. Dieter Rossmeissl, Referent für Kultur in der Stadt Erlangen und Vorsitzender des Kulturausschusses des Bayerischen Städtetages. Kommunale Grundfinanzierung, Sponsoren, die auch einmal einen Vertrauensvorschuss leisten, Räumlichkeiten und Öffentlichkeitsarbeit waren ihm wichtige Säulen.

Starken Beifall fand die Bemerkung aus dem Publikum, dass man in Bamberg de facto keinen Kulturreferenten habe. „Mit der Verbindung zwischen Kulturreferat und Bürgermeisteramt muss Schluss sein“, forderte Monika Bieber. Rossmeissl gab zu bedenken, dass Kulturreferenten zumeist auch für Bildung und Sport zuständig seien, der Kulturetat mithin begrenzt.

Man war sich einig, dass eine breite Basis für Kultur erarbeitet werden müsse. Rosa Brunner und Judith Siedersberger hatten mit der Gesprächsrunde ein EKG der „Kulturhauptstadt der Herzen“ erstellen wollen. Braun merkte an, dass es sich weniger um ein Herz-, als vielmehr ein Kreislaufproblem Bambergs handele.